Gutachten – welche gibt es und zu was taugen Sie?

Gutachten – welche gibt es und zu was taugen Sie?

Autor: Dipl.-Ing. (FH) Matthias Marx, Stand: 06/2016

Gerichtsgutachten, Schiedsgutachten, Privatgutachten

Wie bereits unter der Rubrik „Gutachter- und Sachverständigenwesen“ beschrieben werden in unterschiedlichen Bereichen unserer Gesellschaft Sachverständige benötigt, die auf Grundlage von Untersuchungen bzw. Untersuchungserbnisse ihre Feststellungen und Schlussfolgerungen in Expertisen - respektive Gutachten -niederschreiben.

So werden Sachverständige von Gerichten, Banken, Versicherungen, Unternehmen, Privatleuten u.a. benötigt. Ihre Hauptaufgabe ist die Erstellung von fachlichen Aussagen in Form von Kurzstellungnahmen oder Kurzgutachten, mündlicher Stellungnahmen und letztendlich die Erstellung von ausführlichen Gutachten.

Stellt sich für den Laien die berechtigte Frage, welche verschiedene Arten von Gutachten gibt es, was ist deren Inhalt und zu was taugen sie.

Nach hiesiger Auffassung existieren folgende gesellschaftlich und systemrelevante Arten von Gutachten, wobei die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat.

  • Beweisgutachten
  • Privatgutachten
  • Gerichtsgutachten
  • Obergutachten
  • Schiedsgutachten
  • Versicherungsgutachten

Beweisgutachten

Wenn die Gefahr droht, dass ggf. Beweismittel vernichtet werden – also wenn sich z.B. der Bauzustand in einem zeitlichen Abstand ändert - so ist ein Beweisgutachten „Sicherung der Beweise“ notwendig.

Dies kann z.B. der Fall sein bei einsturzgefährdeten Objekten, Bestandsschadensdokumentation der Umgebungsbebauung vor Beginn von Bauarbeiten, Ein- und Auszug Mieter,  u.v.a.

In allen Fällen muss ein Sachverständiger die Beweise für die Zukunft sichern und dokumentieren um sie ggf. in einem späteren Verfahren nutzen zu können.

Das Beweisgutachten kann privat oder durch ein Gericht z.B. im Zuge eines selbstständigen Beweisverfahrens in Auftrag gegeben werden.

Selbstständiges Beweissicherungsverfahren

Bei einem selbstständigen Beweissicherungsverfahren wird auf Antrag bei Gericht ein Sachverständiger bestellt und zur Beantwortung der Beweisfragen aufgefordert.

Bei diesem Verfahren besteht die Möglichkeit den vorhandenen Bauzustand zu sichern bzw. weitere Beweisfragen z.B. vorliegen von Baumängel, die Ursache und Verantwortlichkeiten von Mängel zu klären, Abrechnungsfragen, zukünftige Mängelbeseitigungsmaßnahmen und deren Kosten u.a. zu klären. So werden Fakten gesichert, dokumentiert und durch den SV festgehalten.

Auf Grundlage des Sachverständigengutachtens kann im Anschluss an das selbstständige Beweisverfahren Klage erhoben werden, wenn es nicht zu einer Einigung der Parteien kommt.

Es versteht sich von selbst – auch wenn andere Quellen dieses Verfahren als schnelles Verfahren bezeichnen – dass es eben kein schnelles Verfahren ist.

So dauert es in der Regel 1 Woche bis ein Rechtsanwalt entsprechenden Antrag bei Gericht gestellt und das zuständige Gericht einen geeigneten Sachverständigen zur Klärung der Beweisfragen bestellt und beauftragt hat.

Sollte der Sachverständige einer von der ganz schnellen Truppe sein, so dauert es zu mindestens zwei Wochen (das ist die Einladungsfrist die einzuhalten ist) bis ein Ortstermin mit allen Parteien stattfindet. Da aber der Sachverständige nach Beauftragung durch das Gericht Herr des Geschehens wird, dauert es je nach Auftragslage des SV in der Regel mehrere Wochen wenn nicht sogar Monate bis ein Ortstermin stattfindet.

Nach erfolgtem Ortstermin wird – wenn nicht noch ein Ortstermin stattfinden muss – das Gutachten durch den SV erstellt. Dauer nochmals einige Wochen oder Monate.

Alles zusammen ist dieses Verfahren eben kein schnelles Verfahren, da die Dauer mehrere Monate wenn nicht sogar Jahre in Anspruch nehmen.

Von den Kosten – die einige 1.000 EUR betragen können - ganz zu schweigen.

Private Beweissicherung

Wie schon der Name vermuten lässt wird hier der SV nicht vom Gericht per Beschluss bestellt und beauftragt, sondern wird privat beauftragt.

Dies ist entgegen den o.g. Ausführungen dann sinnvoll, wenn keine Zeit verloren gehen und schnell gehandelt werden soll.

Die Kosten sind etwas günstiger wie im gerichtlichen Verfahren, da Gerichtskosten und ggf. Rechtsanwaltskosten zunächst nicht anfallen. Im Zuge der weiteren Vorgehensweise kann das Gutachten zu Vergleichs- und Lösungsverhandlungen (mediativen Sachverständigenvermittlung) genutzt werden. Ebenso kann mit den Parteien gemeinsam – ohne größeren Zeitverlust - eine Win-Win-Lösung gefunden werden.

Der ganz klare Vorteil bei dieser Vorgehensweise besteht darin, dass durch den beauftragten Sachverständigen direkt agiert und das Gutachten zeitnah erstellt wird.

Sollte es wiedererwarten zu keiner gemeinsamen Lösung kommen, kann das Gutachten als Parteivortrag in einem zukünftigen Rechtsstreit eingeführt werden und der beauftragte Sachverständige übernimmt die Funktion eines „sachverständigen Zeuge“ der im Verfahren nicht abgelehnt werden kann.

Unterschied gerichtlicher Sachverständiger/sachverständigen Zeuge

Der privat beauftragte Sachverständige erstellt sein Gutachten auf Grund seiner besonderen Sachkunde losgelöst von einem gerichtlichen Gutachterauftrags und ist somit Beweismittel.

Der vom Gericht beauftragte Sachverständige begutachtet auf Grund seiner besonderen Sachkunde – als Gehilfe – des Gerichts einen zu untersuchenden Sachverhalt.

Die überwiegende herrschende Meinung in der Bevölkerung geht davon aus, dass ein „Gerichtssachverständiger“ kompetenter und somit höhergestellt ist, als ein privat beauftragter Sachverständiger. Obwohl dies in Rundfunk, Fernsehen und vielen Zeitungen und Berichten immer wieder so beschrieben und verbreitet wird, ist diese Berichterstattung und das herrschende Meinungsbild falsch.

Es gibt per se keinen „Gerichtssachverständigen“. Diese Bedeutung ist nicht nur irreführend, sondern assoziiert dem Laien eine besondere Person als Gutachter, dessen Aussage ein besonderes Gewicht (hohe Bedeutung) vor Gericht hat. Dem ist aber nicht so.

Hände weg von SV, die mit solchen Begrifflichkeiten auf Kundenfang gehen.

Per Prozessordnung muss ein Gericht – wegen fehlender Sachkunde – auf Antrag einen Sachverständigen im laufenden Verfahren bestellen. Sodann handelt es sich in diesem Verfahren – und nur in diesem Verfahren – um einem vom Gericht bestellten SV. Eine anderslautende Bezeichnung ist unzulässig.

Wenn beide Sachverständige (Privat oder Gericht) im Zuge Ihrer Beauftragung gleiche Beweisfragen zu klären haben, so sollten beide Gutachter auch zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen kommen. Ansonsten ist ggf. ein Obergutachten von Gerichtsseite zu veranlassen.

Insofern sollte also vor Beauftragung eines SV die Beweisfragen geklärt und klar definiert sein.

Anders als der privat beauftragte Sachverständige kann der vom Gericht bestellte und beauftragte Sachverständiger per Beschluss (z.B. Ablehnung wegen Befangenheit, Obergutachten) ersetz werden. Der Privatgutachter ist insofern nicht ersetzbar.

In der Vergangenheit wurde durch die herrschende Rechtsprechung das Privatgutachten erheblich gestärkt. Insbesondere kann der sachverständige Zeuge – als Beweismittel – für eine beantragte Vernehmung nicht abgelehnt werden und muss gehört werden, außer, das Beweismittel würde sich als untauglich oder nicht Entscheidungsrelevant herausstellen.

Fallbeispiel 01:

Ein AG lässt von einer Malerfirma eine Wärmedämmverbundsystem WDVS auf die Außenfassade seines Hauses aufbringen. Bereits während der Ausführungsarbeiten kommt es zu Beanstandungen an dem WDVS an Detailausbildungen, wie Fenster, Fensterbänke u.a. Darüber hinaus lösen sich Teile des WDVS von der Wand. Im Zuge eines durch den AG angestrengten selbstständiges Beweisverfahren, wird von Gericht ein SV (wie nennen Ihn SV 1) bestellt. Der SV 1 soll verschiedene Beweisfragen, insbesondere die Frage zur Standsicherheit des WDVS beantworten. In seinem Gutachten geht der SV 1 auf die einzelnen Fragen ein und beschreibt dort die notwendigen Sanierungsschritte. Bezüglich der Frage der Standsicherheit führt er aus, dass nach korrekter Sanierung des WDVS die Standsicherheit gewährleistet ist. Der AG schaltet nunmehr auf seine Kosten einen Sachverständigen (Privatgutachter SV 2) ein der über diese Frage der Standsicherheit eine Aussage treffen soll ob die Auffassung des SV 1 richtig ist.

Im weiteren Verlauf der Untersuchungen stellt der Privatgutachter SV 2 anhand von Lieferscheinen und vorgelegten Fotodokumentationsunterlagen vom AG, AN und SV 01 sowie einer Vor-Ort-Begehung fest, dass bezüglich des WDVS, Materialien unterschiedlicher Hersteller verwendet wurden. In seinem Gutachten kommt er zu dezidierten Auffassung, dass hierdurch die baurechtliche Zulassung verwirkt sei, somit die Standsicherheit nicht gewährleistet ist und das komplette WDVS zurück gebaut und komplett erneuert werden muss. Der vom Gericht eingeschaltete Obergutachter (SV 3) folgt den Ausführungen des Privatgutachters (SV 2). Das komplette WDVS muss erneuert werden.

So kann´s gehen und so viel zum gerichtlich bestellten Gutachter versus Privatgutachter“

Da es in der Vergangenheit vor Gerichten häufig zu solchen oder ähnlichen Vorfällen gekommen ist, wurde die Prozessordnung entsprechend novelliert.  Vor einer Bestellung und Beauftragung eines SV durch das Gericht sind die Parteien zunächst zu hören ob Sie mit jenem oder jenem SV einverstanden sind. Ebenso können die Parteien Vorschläge, für einen SV mit Begründung, dem Gericht unterbreiten. Die Parteien sind gut beraten, wenn sie sich im Vorfeld über den SV Gedanken machen, ob dieser auch wirklich der geeignete SV – mit der entsprechenden Sachkunde – ist. Im Zweifel sollten eigene Vorschläge über einem SV dem Gericht vorgeschlagen werden. Siehe auch "wie finde ich den richtigen Sachverständigen"

Privatgutachten

Wie schon unter der Rubrik Sachverständigen- und Gutachterwesen beschrieben werden Privatgutachten benötigt um berechtigte Ansprüche zu begründen und unberechtigte Ansprüche abwehren zu können.

Ebenso sind Privatgutachten für die außergerichtliche Klärung von Rechtsansprüchen und das Prozessrisiko abwägen zu können von erheblicher Bedeutung.

Gleichzeitig kann die Beauftragung eines Sachverständigen im Bauwesen durch die am Bau Beteiligten dazu dienen einen zukünftigen Bauprozess vorzubereiten und diesen entscheidend mitzugestalten. Hierzu hat die ergangene Rechtsprechung in den letzten Jahren das Privatgutachten erheblich gestärkt, so dass Privatgutachten in prozessualer Auseinandersetzung an großer Bedeutung gewonnen haben, da sie nach heutiger Rechtslage als qualifizierter Parteivortrag gelten.

So dürfen in den Prozess eingebrachte Privatgutachten durch das Gericht nicht unbeachtet bleiben, sondern müssen entsprechend gewürdigt werden, auch wenn sie lediglich als fachlicher Parteivortrag gelten. Gleiches gilt für einen vom Gericht bestellten und beauftragten Sachverständigen. Dieser muss ebenso die Inhalte des Privatgutachtens entsprechend würdigen und sich mit diesen Inhalten kritisch auseinandersetzen.

Für den Fall, dass sich das Privatgutachten im laufenden Prozess als erforderlich notwendig erweist sind sogar die Kosten hierfür erstattungsfähig.

Die langläufige Meinung, dass Privatgutachten im Zuge eines Bauprozesses eine geringere oder gar keine Bedeutung gegenüber einem Gerichtsgutachten (Gutachten das von einem gerichtlich bestellten SV erstellt wurde) hat, ist schlichtweg falsch und gehört in die Rubrik der Unwahrheiten. Richtig ist vielmehr, dass ein Privatgutachten die Entscheidungsprozesse in einem Bauprozess entscheidend beeinflussen kann. Siehe hierzu Fallbeispiel 01.

So kann das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung das Privatgutachten als ausreichend halten und einstufen, wenn die Beweisfrage auskömmlich, nachvollziehbar, verständlich und zuverlässig beantwortet wurde. Zwar kann die Gegenseite Einspruch hierzu einlegen, aber sie müsste dann den Gegenbeweis in Form eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens antreten, was mit erheblichen Risiken und zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Fallbeispiel 02:

In diesem Fall geht es um zwei Häuser mit gemeinsamer Giebelwand aus den Jahren um 1900 Jh. Beide Häuser wurden mit Einzelöfen auf Heizölbasis mit Heizwärme versorgt. Hierzu befand sich in Haus 1 ein Zentraltank mit ca. 200 Liter Heizöl. Von hier wurden Ölkannen mit Heizöl gefüllt und sodann die Einzelöfen entsprechend mit Brennstoff befüllt.

Die gemeinsame Giebelwand trennte die beiden Häuser zum einen zur Küche Haus 2 und zum anderen zum Öltankraum aus 1 hin ab.

Wegen Heizungserneuerung im Haus 1 – Umstellung von Einzelöfen auf Zentralheizung – wurden im Haus 1 eine zentrale Heizungsanlage errichtet, wobei zunächst die alte Tankanlage bestehen blieb. Irgendwann roch es in der Küche im Haus 2 nach Heizöl. Sofort wurde von Seiten der Eigentümer im Haus 1 die bestehende Tankanlage erneuert, jedoch der Heizölgeruch blieb und war so stark, dass eine weitere Nutzung des Wohnraums im Haus 2 nicht möglich war.Behebungs- und Gesprächsversuche zwischen den Eigentümern aus Haus 1 und Haus 2 scheiterten.

Der von dem Eigentümer des Hauses 2 hinzugezogen Sachverständige konnte durch eine labortechnische Analyse zweifelsfrei feststellen, dass Heizöl – ausgehend von Haus 1 - die gemeinsame Zwischenwand und das Erdreich in diesem Bereich kontaminiert hatte. Ursache war eine Undichtigkeit im Heizöllagerraum – im Haus 1 – der unmittelbar an die Küche im Haus 2 anschloss.

Nachdem auch der eingeschaltete SV keine Einigung zwischen den Nachbarn erzielen konnte – zumal die Gebäudeversicherung des Hauses 1 keine Deckungszusage gab, da Unterversicherung bestand (es waren lediglich ein 200 Liter Heizöltank versichert) – strengte der Eigentümer zu Haus 2 auf Grundlage des Privatgutachtens eine Klage an.

Das zuständige Gericht erhob den Privatgutachter im Zuge des Prozessverlaufs zum „sachverständigen Zeugen“ und folgte den Ausführungen im Privatgutachten und holte auch kein weiteres Gutachten mehr ein, da schlüssig, nachvollziehbar und sachlich richtig die Schadensursache erkannt und eindeutig festgestellt wurde. Die Eigentümer des Hauses 1 wurden als Schadensverursacher veruteilt.

Um die Verfahrensdauer zu reduzieren machen die Gerichte zunehmend von dieser Möglichkeit der Beweiswürdigung eines Privatgutachtens Gebrauch.

So werden Sachverständige die ein Privatgutachten erstattet haben als sogenannte „sachverständige Zeugen“ im weiteren Prozessverlauf vernommen und dürfen vom Gericht oder den Parteien in der Regel nicht abgelehnt werden.

Ebenso kann das zuständige Gericht den Privatgutachter im Zuge der prozessualen Auseinandersetzung nachträglich zum „gerichtlichen Sachverständigen“ bestellen und so seine Stellung aufwerten.

Entgegen einer weitläufig anderslautenden verbreiteten Meinung spielen Privatgutachten eine entscheidende Rolle um Bauprozesse vorzubereiten und zu steuern. Desweiteren sind die Kosten für ein Privatgutachten je nach Notwendigkeit des Gutachtens ggf. sogar erstattungsfähig.

Vorteile von Privatgutachten sind zum einen die Findung von außergerichtlichen Entscheidung und Abwägung von Risiken sowie zum anderen ggf. eine Verkürzung von Prozessen.

Gerichtsgutachten

Wie der Name schon sagt, werden Gerichtsgutachten in der Regel von Gerichten eingeholt. Aber auch Staatsanwaltschaften holen entsprechende Gutachten ein. Von daher können Gerichtsgutachten sowohl in Zivil- als auch in Strafprozessen Verwendung finden. Es gibt zwar keine verbindlichen Regeln wie ein Gutachten und dessen Aufbau auszusehen hat. Jedoch muss klar sein, dass der Inhalt eines Gutachtens in verständlicher Form so aufgebaut sein muss, dass es ein Laie verstehen kann. Insofern sollten sich – wie weiter oben beschrieben – die Gutachten ob Beweisgutachten, Privatgutachten oder Gerichtsgutachten von der Inhaltstruktur nicht sonderlich unterscheiden.

Obergutachten

Von einem Obergutachter kann man sprechen, wenn ein Sachverständiger auf Grund gegensätzlicher Auffassungen mehrerer Sachverständiger – auf Grund seiner überragenden Sachkunde – die unterschiedlichen Auffassung der SV zu klären hat.

Insofern kann man von einem Obergutachter sprechen, wenn zumindest zwei Gutachten – Gerichtsgutachten und Privatgutachten - mit unterschiedlichen Ergebnissen vorliegen und sich inhaltlich widersprechen und sodann der Obergutachter – unter Einbeziehung der Inhalte beider Gutachten – eine finale gutachterliche Stellungnahme ausarbeiten muss. Ebenso kann der Obergutachter aber zu einem ganz anderen und neuen Ergebnis kommen. Siehe hierzu auch Fallbeispiel 01

Insofern sind Obergutachten in nachfolgenden Fällen denkbar; (aber eher selten)

  • bei schwierigen und hochkomplexen Fragen
  • wenn Zweifel an der Sachkunde eines bestellten SV bestehen
  • bei groben Mängel des von Gerichtsseite beauftragten Gutachtens
  • wenn durch ein Privatgutachten das gerichtlich bestellte Gutachten erheblich in Frage gestellt wird und somit erschüttert

Schiedsgutachten

Bereits vor Ausführungsbeginn von Bautätigkeiten kann im Bauvertrag vereinbart werden, dass im Streitfall ein Schiedsgutachten eingeholt wird. Hierzu ist ein gesonderter Schiedsgutachtenvertrag zu schließen, an den sich die Beteiligten binden und dem Ergebnis aus dem Schiedsgutachten unterwerfen. Das Schiedsgutachten entscheidet rechtsverbindlich über die Streitfragen und führt die Entscheidung in einem Streit verbindlich herbei, wobei ein zusätzlicher Rechtsweg nicht verwirkt wird. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass die im Schiedsgutachten beantworteten Fragen und Feststellungen in einem Verfahren keinen Eingang mehr finden. Außer wenn das Schiedsgutachten erkennbar unrichtig ist.

Die Inhalte in einem Schiedsgutachten unterscheiden sich nicht von den übrigen beschriebenen weiter o.g. Gutachten. Der Schiedsgutachter untersucht und bewertet Sachverhalte und schließt daraus sachkundige Schlüsse.

Versicherungsgutachten

Von Versicherungsgutachten spricht man, wenn Versicherungen ein Gutachten in Auftrag geben. Diese werden in der Regel im Rahmen von Schadensregulierungen benötigt und beinhalten im Normalfall die Feststellung des Schadens, die Schadensursache, Restwertbestimmung und die Kostenermittlung zur Schadensbeseitigung.

Ebenso können Versicherungsgutachten auch von Versicherungsnehmern (Privatgutachten) in Auftrag gegeben werden. Diese privat beauftragten Gutachten werden dazu benötigt, zu klären ob Erstattungsansprüche gegenüber Versicherer geltend gemacht werden können oder Zahlungspflichten von Seiten der Versicherer bestehen. Üblicher Weise soll aber bei unterschiedlicher Auffassung der Schadenshöhe, dem Versicherer die Gründe sachkundig dargelegt werden.

Zusammenfassung

Trotz unterschiedlicher Typen von Gutachten unterscheiden sich die einzelnen Gutachten inhaltlich nicht sonderlich. Der Aufbau und Inhalt eines Gutachtens muss strukturiert, nachvollziehbar und von jedermann/frau verstanden werden.