Kauf einer Immobilie

Kauf einer Immobilie

Autor: Dipl.-Ing. (FH) Matthias Marx, Stand: 10/2010

Einleitung

Obwohl der Autor dieser Internetseite - wegen Fernstudium zum Wirtschaftsmediator mit IHK-Zertifikat und zwei Überprüfungstests pro Monat (siehe auch Fortbildungsreferenzen) - bis Mitte nächsten Jahres 2011 eigentlich keine Zeit hat und das Erörtern von weiteren Problemthemen zurückstellen wollte, möchte er trotzdem die Zeit finden um diese - nach seiner Auffassung wichtige Publikation - zu veröffentlichen, da sich zur Zeit die Anfragen über gutachterliche Stellungnahmen bzw. gutachterliche Begleitungen zum Hauskauf im Bestand häufen und diesbezüglich der Laie überfordert ist.

Da werden Fragen gestellt wie: Wie gehe ich vor ? Welche Unterlagen werden benötigt ? Wie sieht ein notarieller Kaufvertrag aus und was muss ich hierbei berücksichtigen ? Was muss man bei einem Hauskauf beachten ? Wie sieht es aus mit Energieausweis ? Welche Fördermöglichkeiten existieren und wie kann ich diese beantragen ? Was kostet eine gutachterliche Begleitung zum Hauskauf ? Ist das überhaupt notwendig ? usw. usw. …

Grund genug die Vorgehensweise in einer Fachpublikation zu beleuchten, im Internet zu veröffentlichen und dem Laien und Interessierten die wichtigsten Punkte zu erläutern, sowie Anregungen und Tipps zu geben, damit existenzielle Fehler vermieden werden.

Grundlegendes

Am Anfang steht immer die grundlegende Überlegung, wie viel Geld steht zur Verfügung oder welche Finanzierungskosten (Kaufpreis-, Sanierungs- und Nebenkosten) kann ich mit den zur Verfügung stehenden Mitteln abdecken und über einen langen Zeitraum bedienen. Diesbezüglich ist es wichtig objektiv und realistisch an die Sache heranzugehen.

Der Verfasser hat schon viele Auftragsanfragen abgelehnt, allein wegen fehlender oder blauäugig gemachter falscher Angaben des Kunden über die zur Verfügung stehenden Eigenmittel oder das zur Verfügung stehende monatliche Arbeitsendgeld, vor allem weil nachweislich das vorhandene zur Verfügung stehende monatliche Kapital aus Einnahmen zur Zahlung der Zins- und Tilgungsraten zzgl. zu den Lebenshaltungskosten nicht auskömmlich war. Genau hier liegt oft das Problem, dass der zukünftige Häuslebauer oder Häuslekäufer, bedingt durch soziale Zwänge sich selbst belügt bzw. alles schön rechnet und seine rationale Denkweise ausschaltet oder verdrängt.

In Gesprächen mit Verwandten, Freunden und Bekannten sowie Arbeitskollegen, die jede für sich in Anspruch nehmen alles zu wissen und die besten Ratschläge und bauliche Erfahrungen - nach eigenen Angaben angeblich - besitzen, werden zukünftige Kunden der Art mit Informationen überschüttet und manipuliert, dass sie ihre Ratio (Vernunft) ausblenden und oft nur durch ihre Emotionen - ach ist das Haus, die Küche, der Garten so schön etc. … - geleitet werden und trotz fehlender aber notwendiger Eigenkapitaldecke mit den Argumenten „das wird schon reichen, das wird schon klappen, wir bringen ein wenig Eigenleistung ein“ die gewünschte Immobilie erwerben. Erst viel später - wenn die rosarote Brille endlich vom Kopf gefallen ist - bemerken sie dann, dass sie in eine Einbahnstraße - die auch gleichzeitig eine Sackgasse ist - geraten sind, aus der sie nicht mehr herauskommen. Die steigende Zahl von Zwangsversteigerungen an den Gerichten sprechen da leider eine entsprechende Sprache.

Je nach monatlichem Verdienst sollte für eine gesunde Finanzierung - auch im Bestand - die Eigenmittel min. 30 % bis 50 % betragen. Siehe hier auch Finanzierung. Des Weiteren sollte man bedenken, dass man sich in der Regel min. 20 Jahre bis max. 28 Jahre an den Kredit bindet. Hier muss unbedingt beachtet werden, dass über diesen langen Zeitraum, bei Arbeitslosigkeit, Krankheit, Mutterschutz etc., der monatliche Verdienst nicht immer zur Verfügung steht. Kalkulieren sie daher immer nur mit einem monatlichen Gehalt, wie nachfolgendes Beispiel aufzeigt.

Ein Angestelltenehepaar - sie 27, er 33 Jahre alt, kinderlos, monatlicher Verdienst sie 1.500 EUR, er 2.100 EUR netto - erwerben eine Bestandsimmobilie für 100.000 EUR. Nach dem Erwerb werden energetische als auch sonstige Sanierungen getätigt. Die Kosten für die energetische Sanierung belaufen sich auf 70.000 EUR, die sonstigen Sanierungskosten betragen 30.000 EUR. Nebenkosten für Notar, Immobilienmakler, Umschreibungs- und Eintragungskosten, Architekt, Zinsen etc. betragen 20.000 EUR. Als Eigenkapital stehen 60.000 EUR - also rund 30 % - in bar zur Verfügung. Die Gesamtfinanzierung beträgt somit 220.000 EUR minus 60.000 EUR Eigenkapital. Die notwendige Kreditkosten belaufen sich auf 160.000 EUR und werden wie folgt finanziert:

normales Annuitätendarlehen 90.000 EUR
LZ 20 Jahre, Zins 4,5 %/p.a. 570,00 EUR/Mon.
kfW-Darlehen 70.000 EUR
LZ 20 Jahre, Zins 3,0 %/p.a. 390,00 EUR/Mon.

Die monatlichen Kapitalkosten plus Zinsen betragen rund 960,00 EUR. Zu diesen Kosten sind die laufenden Gebäudenebenkosten für Versicherungen, Grundsteuer, Energiekosten etc. hinzu zu addieren. Hier kann man überschlägig 3 EUR pro Quadratmeter und Monat ansetzen. Für ein 160 qm großes Anwesen - hierzu zählen alle Flächenanteile auch Keller - kann man also rund 500 EUR pro Monat veranschlagen. Vor diesem Hintergrund betragen die monatlichen Aufwendungen aus Kapital- und Nebenkosten rund 1.500 EUR für die nächsten 10 Jahre - Zinsbindung. Danach können je nach Wirtschaftslage auch höhere Kosten - durch steigende Zinsen - anfallen.

Anhand des bestehenden Doppelverdienstes und des daraus resultierenden monatlich zur Verfügung stehenden Geldes in Höhe von 3.600 EUR stehen nach Abzug der Immobilienkosten noch auskömmliche   2.100 EUR monatlich zum Lebensunterhalt zur Verfügung. Scheidet jedoch ein Verdiener aus, können die monatlich notwendigen Lebenshaltungskosten - auch wenn ein Partner noch zusätzlich 400 EUR im Monat dazu verdient - nicht mehr bedient werden und das Haus ist verloren.

Zur Vermeidung eines solchen negativen zukünftigen Szenarios, muss im Vorfeld bedeuten, entweder man verfügt über ein einzelnes höheres monatliches Einkommen oder man verfügt über ein höheres Eigenkapital - Beispiel hier 50 % - was direkt zu geringeren monatlichen Belastungen von etwa 1.100 EUR inkl. Nebenkosten führt und monatliche Lebenshaltungskosten von 1.400 EUR freisetzen würde.

Die monatlichen Belastungen aus Hypothekendarlehen nebst Nebenkosten sollten 40 bis 50 % des zur Verfügung stehenden Kapitals aus einem Verdienst nicht übersteigen.

Externer Sachverstand

Die Herren der Schöpfung geben für ihr gutes Stück einen Haufen Geld aus. Da ist die beste Vertragswerkstatt gerade gut genug. Da wird keiner der jährlich erforderlichen Inspektionstermine ausgelassen oder verpasst. Geht man von einem mittleren Fahrzeugpreis in Höhe von 30.000 EUR aus und kostet eine Jahresinspektion nur 300 bis 400 EUR, so sind das jährlich rund 1 % der Investitionsanschaffungskosten, die erbracht werden müssen. Über einen Nutzungszeitraum von 10 Jahren sind das somit 10 % der Anschaffungskosten. Verkauft man dann sein gutes Stück, wird kaum ein Interessent ohne ein KFZ-Gutachten - Kosten hierfür je nach Aufwand etwa 500 bis 700 EUR (1-2% der Fahrzeugkosten) - das Fahrzeug erwerben, da man ja wissen will woran man ist und was man kauft.

Beim Häuslekauf sieht das ganz anders aus. Da tauchen aus dem Bekanntenkreis selbst ernannte Baufachleute auf, die als Allrounder, die allumfassende Bauweisheit mit dem Löffel vereinleibt haben und geben Empfehlungen, die jeder Bausachverständigen die Haare zu Berge stehen lassen. Dies aber führt bei Laien dazu, dass sie sich auf den - gut gemeinten - Rat unter Bekannten verlassen und sich dabei eine kostengünstige bzw. kostenlose Beratung erhoffen. Doch billig eingekauft ist teuer bezahlt. Leider kann man nicht mal eben so nebenbei Sachverstand erlangen. Dies geschieht nur über lebenslanges und ständiges lernen, um auch den wachsenden Ansprüchen und Veränderungen aus der Bauwirtschaft Rechnung zu tragen.

Würde der zukünftige Häuslekäufer, wie beim An- oder Verkauf seines guten Stücks 1 bis 2 % der Investitionskosten in einen guten externen Sachverstand investieren, hätte er die Gewissheit nicht Gefahr zu laufen evtl. die sprichwörtliche “Katze im Sack” zu kaufen. Man stelle sich nur mal vor, bei einer Investitionsvolumen von 100.000 EUR, würde man nach dem Erwerb einen Feuchtigkeitsschaden im Keller - in Folge mangelhafter Abdichtung - feststellen. Deren Beseitigung rund 20.000 EUR in Anspruch nehmen würde und diese zwingend notwendige Instandsetzungskosten in der Finanzierung nicht berücksichtigt ist. Eine Nachfinanzierung bei der Bank scheidet in aller Regel aus.

Die Sachverständigenkosten für eine Hausbegutachtung im Zuge eines Ankaufs, in der Grössenordnung zwischen 1.000 bis 2.000 EUR stehen wohl hierzu in keinem Verhältnis. Vor diesem Hintergrund ist es dem Verfasser unverständlich, dass auch hier die Ratio (Vernunft) ausgeblendet wird und mal eben gerade so ohne vorhandenen Sachverstand Immobilien für mehrere 100.000 EUR gekauft werden. Deshalb ist es für den Laien wichtig, rechtzeitig vor Kauf der Immobilie einen externen Sachverständigen - der sich in der Materie auskennt - zu beauftragen, die Immobilie zu untersuchen und die Dokumente in Augenschein zu nehmen und zu überprüfen. Siehe hierzu auch „Wie finde ich den richtigen Sachverständigen?“. Dieser wird dann nach Sichtung der Unterlagen und einer Ortsbesichtigung einer für Laien verständliche und objektive Einschätzung bzw. Stellungnahme für die Immobilie abgeben.

Unterlagen der Immobilie

Nachdem sie einen Sachverständigen beauftragt haben, sollten sie sich ausgiebig der Auswahl ihrer zukünftigen Immobilie widmen. Hierzu werden sie Anzeigen, Internetanzeigen und Bankangebote sichten und aus selektieren. Hierzu sollten sie auch das Kapitel über Grundstückskauf berücksichtigen. Sobald sie sich für eine Immobilie näher interessieren, sollten sie folgende Unterlagen vom Verkäufer anfordern:

  • aktueller Grundbuchauszug
  • Auszug aus dem Bebauungsplan
  • Auszug aus dem Baulastenverzeichnis
  • Flurkarte beglaubigt
  • Grundrisse, Ansichten und Schnitte
  • Baugenehmigung nebst Textteil und Flächenberechnungen
  • statische Unterlagen nebst Planunterlagen
  • Rohbau- und Fertigstellungsabnahme
  • Bodengutachten
  • Wertgutachten
  • Schadstoffnegativbescheinigung
  • Energieausweis nebst Berechnungen nach Bedarf
  • Rechnungen über Energieverbrauch der letzten 3 Jahren
  • Schornsteinfegerprotokolle der letzten 3 Jahren
  • Instandsetzungsrechnungen der letzten 3 Jahren
  • Gebäudeversicherungsnachweis (Feuerversicherung)
  • Entwurf Notarvertrag

Die Liste hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und ist ggf. zu ergänzen.

Der beauftragte Sachverständige wird vorab die Unterlagen auf Vollständigkeit und Inhalt, sowie in einem gemeinsamen Termin vor Ort auf Übereinstimmung hin überprüfen. Sodann wird er eine Stellungnahme hinsichtlich Wertigkeit, vorliegen von Mängel bzw. erforderlicher Instandsetzungsarbeiten sowie evtl. vorhandener energetischer Schwachstellen erstellen. Nach Vorlage dieser Stellungnahme wissen sie  welche Qualitätsmerkmale und Instandsetzungsrückstau die Immobilie aufweist und ob der Kaufpreis gerechtfertigt ist.