Thermische Solar-Anlagen (Teil 1)

Thermische Solar-Anlagen (Teil 1)

Autor: Dipl.-Ing. (FH) Matthias Marx, Stand: 06/2009

Als thermische Solaranlage werden Solaranlagen bezeichnet, die Wärme aus der Sonneneinstrahlung nutzbar machen (Solarthermie). Die Wärme wird in der Gebäudetechnik genutzt, in dem die gewonnene und gespeicherte Energie zum Erwärmen des Warmwassers oder auch zu Heizzwecken benutzt wird.

Verbände, Hersteller, Handel als auch Heizungsfachunternehmen,  die solche Solar-Anlagen herstellen, verkaufen bzw. errichten, sowie andere Interessengemeinschaften werben mit vollmundigen Aussagen, dass mit solchen Anlagen ein Großteil der Energie für Warm- und Heizwasser abgedeckt werden können und suggerieren mit Prozentangaben von bis zu 70 % in Anzeigen oder Verkaufsgesprächen - dem zukünftigen Nutzer - dass darüber hinaus erhebliche Einsparungen in den Energiekosten erzielt werden und sich die Anlagen in Null Komma nix bezahlt machen.

Es stellt sich die berechtigte Frage ob Solar-Anlagen wirklich so wirtschaftlich sind, wie uns Lobbyisten, Medien oder Verkäufer weismachen wollen.

Der Autor dieser Publikation ist der Auffassung, dass Maßnahmen dann wirtschaftlich sind, wenn sie in einer überschaubaren Zeitspanne - weniger als die eigentliche  Lebensdauer - einen höheren Ertrag erwirtschaften als Sie als Aufwand gekostet haben bzw. zukünftig an Unterhaltung kosten. Dies gilt insbesondere für Anlagen in der Gebäudetechnik. Diese haben in aller Regel eine Lebensdauer von rund 15 bis 20 Jahren.

Hierzu sollte aus Sicht des Autors - über die Amortisationszeit nach dem Schulnotenprinzip - folgende Bewertung angestellt werden.

Amortisationszeit Bewertung
1-4 Jahre Note 1
5-8 Jahre Note 2
9-12 Jahre Note 3
13-16 Jahre Note 4
17-20 Jahre Note 5
> 21 Jahre Note 6

Ab einer Amortisationszeit von etwa 13 Jahren wird es kritisch, da hier die Gefahr besteht, dass gerade bei Anlagekomponenten öftere Wartungsintervalle durchzuführen sind sowie größere Reparaturen (Instandsetzungsmaßnahmen) anstehen.

Der Verfasser dieser Publikation will in einer leichten und verständlichen Weise - Klischtko Brüder würden sagen “schwere Kost” - dieses schwierige Thema, dem Leser nahe bringen und mit Fehlinformationen aufräumen, ohne dabei auf riesige physikalische Rechenalgorithmen zurück greifen zu müssen.

Auf eine ausführliche Beschreibung wie eine thermische Solar-Anlage für Brauchwarmwasser oder für Heizungsunterstützend aufgebaut ist, oder wie diese technisch in das  vorhandene Gebäudeheizsystem eingebunden werden muss oder kann soll hier verzichtet werden. Hierzu gibt es genügend Publikationen in Literatur und in fachlichen Veröffentlichungen im Internet.

Man unterscheidet Solar-Anlagen für die Warmwasserbereitung und Anlagen, die gleichzeitig auch zur Heizungsunterstützung dienen.

Teil 1: Solar-Anlagen zur Warmwasserbereitung

Um eine Solar-Anlage richtig zu dimensionieren muss man zu allererst den Warmwasserverbrauch ermitteln. Dieser ist sehr Nutzer- und Gebrauchsabhängig. Es leuchtet ein, dass ein Zwei-Personen-Haushalt weniger Wasser verbraucht als ein 4 oder 6 Personen-Haushalt. Genauso verhält es sich beim Gebrauch des Warmwassers in einem Haushalt z.B. mit oder ohne Schwimmbad oder Sauna. Hier sind gesonderte Untersuchungen und Berechnungen erforderlich, um den Warmwasserbedarf genau auf die Bedürfnisse bzw. Gebrauch abzugleichen und zu betrachten, da hier sehr viel Warmwasser benötigt wird und es sich hierbei um Großanlagen handelt. Der Autor betrachtet in dieser Publikation nur den übliche Durchschnittshaushalt mit 2 bzw. 4 Personen, der zu 70-80 % unserer Gesellschaft ausmacht.

Eine Durchschnitts Deutscher verbraucht am Tag statistisch gesehen etwa 130 bis 160 Liter Wasser. Siehe auch unten stehendes Bild. In diesem Wasserverbrauch sind im Mittel 40 bis 50 Liter reines Warmwasser enthalten. Reines Warmwasser ist das Wasser, das in einer Heizanlage von ca. 10 Grad auf 50 Grad - somit also um ca. 40 Grad - erwärmt wird. Dieses reine Warmwasser - in der Regel in einem Speicher lagernd - wird dann mittels Kaltwasser auf Verbrauchstemperatur - ca. 38 bis 40 Grad - herunter gemischt, so dass es dann anschließend für den Verbraucher - als Verbrauchswarmwasser - nutzbar ist.

Um nun ein objektive Aussage, über die Wirtschaftlichkeit treffen zu können, wird im nachfolgenden der reine Warmwasserverbrauch für 40, 60 und 80 Liter pro Person und pro Tag untersucht, wobei 80 Liter pro Person am Tag reines Warmwasser exorbitant hoch sind. Hier müsste eine Person pro Tag ein Vollbad nehmen.

Trinkwasserverwendung im Haushalt 2010
Quelle: www.bdew.de

Die Berechnungsformel für die Berechnung der Energie zur Aufbereitung des kalten Wassers auf reines Warmwasser - also von 10 auf 50 Grad (Temperaturanhebung) - lautet.

Berechnungsformel der Warmwasserbereitung

Q = benötigte Wärmemenge in kWh
m = Masse in kg
cp = spezifische Wärmekapazität von Wasser in Joule/kg K ==> hier 4180 J/kg K
tw = Endwassertemperatur ==> hier 50° Kelvin bzw. 50° Celcius

Beispiel für 40 Liter:

Berechnungsbeispiel der Warmwasserbereitung

Somit ergeben sich folgende Wärmemengen für die reinen Warmwasseraufbereitung pro Jahr und Person:

40 Liter pro Person und Tag 60 Liter pro Person und Tag 80 Liter pro Person und Tag
1,85 kWh/Tag 2,77 kWh/Tag 3,72 kWh/Tag
675,25 kWh/Jahr 1.017,13 kWh/Jahr 1.356,2 kWh/Jahr

Somit ergeben sich folgende überschlägige und gerundete Wärmemengen pro Jahr für die Warmwasseraufbereitung:

  • 2 Personenhaushalt 1.300 bis 2.700 kWh/Jahr
  • 4 Personenhaushalt 2.700 bis 5.400 kWh/Jahr

Dies kann man auch leicht selbst überprüfen, in dem man in den heizfreien Monaten (Juni bis August) den Zählerstand (Gaszähler) oder bei Öl-Versorgung - mittels Meter und Volumenberechnung - den Verbrauch ermittelt, da der Verbrauch für die Warmwasseraufbereitung relativ konstant sind.

Voraussetzung für eine möglichst wirtschaftliche Nutzung der Sonnenenergie, sind vor allem ein hohe Strahlungsintensität und lange Sonnenscheindauer. In Deutschland ist beides über die Wintermonate nur teilweise gegeben. Verstärkt wird dieser Umstand oft durch widrige örtliche Gegebenheiten wie Regen, Wolken, Nebel, Schatten durch Berge und Gebäude etc.) Darüber hinaus müssen auch die baulichen Voraussetzungen stimmen.

Vor diesem Hintergrund können durch solarthermische Anlagen für die reine Warmwasserbereitung etwa 60 bis 70 % des reinen Warmwasserbedarfs abgedeckt werden. Gegenteilige Aussagen über 80 bis 90 % Deckungszusagen sind den Märchen zuzuordnen. Die Scharlatane, die solche Aussagen in die Welt setzen, sollten diese Deckungsrate erstens nachweisen und zweitens auch eine verbürgte Garantie hierzu stellen. Ebenso ist zwingen notwendig einen Wärmemengenzähler in die Solar-Anlage einzubauen, um die jährliche Leistung zu messen. Diese sollte auch vertraglich geregelt sein. Nach diesen Forderungen wird sich die Spreu vom Weizen trennen.

Somit ergeben sich Deckungsraten für ein

  • 2 Personenhaushalt (bei einem 60 % Deckungsanteil )    780 - 1.620 kWh/Jahr
  • 4 Personenhaushalt (bei einem 60 % Deckungsanteil ) 1.620 - 3.240 kWh/Jahr
  • 2 Personenhaushalt (bei einem 70 % Deckungsanteil )    910 - 1.890 kWh/Jahr
  • 4 Personenhaushalt (bei einem 70 % Deckungsanteil ) 1.890 - 3.780 kWh/Jahr

Bei einem derzeitigen durchschnittlichen Energiepreis bei Gas bzw. Öl in Höhe von 6,5 cent/kWh inkl. aller Steuern ergeben sich somit jährliche Energieeinsparungen in Höhe von etwa

  • 2 Personenhaushalt (bei einem 60 % Deckungsanteil )   50 - 105 EUR/Jahr
  • 4 Personenhaushalt (bei einem 60 % Deckungsanteil ) 105 - 210 EUR/Jahr
  • 2 Personenhaushalt (bei einem 70 % Deckungsanteil )   60 - 120 EUR/Jahr
  • 4 Personenhaushalt (bei einem 70 % Deckungsanteil ) 120 - 250 EUR/Jahr

Eine solarthermische Anlage für die reine Warmwasserbereitung, kosten je nach Ausstattung - im Selbstbausatz (was immer das heissen mag) - ohne bauliche Umbaukosten und Lohn etwa 4.000 bis 6.000 EUR. Lässt man die Gleiche Anlage durch einen  entsprechenden Handwerker ausführen sind Kosten inkl. Gerüst, bauliche Umbaukosten, elektrischer Anschluss, Umrüstung der Heizanlage etc. wohl nicht unter 8.000 EUR pro Anlage zu realisieren.

Bereits hier wird deutlich, dass die Amortisationszeiten bei reiner Investitionssummenbetrachtung weit über 30 Jahre liegen, was natürlich bedeutet, dass die Anlagen absolut unwirtschaftlich sind, da Ihre Lebensdauer zur Zeit bei etwa 20 Jahren liegen.

Aber bei einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sind nicht nur die reinen Investitionskosten zu berücksichtigen. Es existieren noch Ausgaben wie Kapitalzinsen, Betriebs kosten für Wartung und Betrieb, sowie Stromkosten für Anlagen- und Pumpenstrom.  Fliesen diese Kosten in einer dynamischen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ein, so erhöhen sich unter Umständen die Amortisationszeiten erheblich.

Wie in Teil 1 dieser Publikation aufgeführt, bleibt die Wirtschaftlichkeit solarthermischer Anlagen zur reinen Warmwasserbereitung für 2-4 Personenhaushalte, deutlich hinter den vollmundigen Aussagen und Anpreisungen verschiedener Systemhersteller und Lobbyisten zurück. Die Systeme sind zur Zeit einfach zu teuer und dadurch nicht wirtschaftlich.